November 08, 2015

Kyoto

Der Urlaub ist vorbei, ab morgen beginnt wieder die Arbeit. Da wird es Zeit, hier auf dem blog zu beginnen, die unzähligen Eindrücke, die wir sammeln konnten, ein wenig in Form zu bringen. Nachdem wir wirklich viel unternommen haben und außerhalb Tokyos unterwegs waren, weiß ich garnicht, womit ich eigentlich anfangen soll. Aber ich habe mich für Kyoto entschieden. Auf die Tage dort habe ich mich ja schon gefreut, seit ich in Japan bin, das erste Mal im berühmten Kyoto. 



Wir machten uns montags auf den Weg, aus dem Zug erhaschten wir einen kurzen Blick auf den Fuji, und blieben bis Freitagmorgen, weil wir uns unter der Woche etwas weniger Gedränge versprochen hatten. Natürlich war es voll, vor allem waren allerdings Schulklassenhorden unterwegs (zu dem Thema wird es noch einen separaten Beitrag geben), aber eigentlich ok. Wir waren ja darauf vorbereitet und ehrlich gesagt hatte ich es mir tatsächlich irgendwie schlimmer vorgestellt. Also vier Nächte Kyoto, aber de facto nur zweieinhalb Tage, weil wir donnerstags noch einen Ausflug nach Nara gemacht haben. Bei der Fülle der Tempel, Schreine, Pagoden und anderen Sehenswürdigkeiten waren wir zu Beginn fast überfordert, zu entscheiden, wohin überhaupt. Es ist klar, dass man in der kurzen Zeit nur einen Bruchteil sehen und allenfalls einen ersten Eindruck erhaschen kann. In der Hinsicht ist Kyoto vielleicht auch irgendwie mit Rom vergleichbar (klingt vielleicht seltsam, aber der Gedanke ist mir gekommen) und wir hatten vielleicht auch unterschätzt, dass, wenn man selbstständig unterwegs ist, ein wenig detailliertere Vorbereitung im Vorfeld nicht schaden kann. Gerade was Sachen betrifft, wie den öffentlichen Nahverkehr, wie komme ich von A nach B, welche Tickets gibt es, welche Sehenswürdigkeiten liegen überhaupt wo und was ist sinnvoll miteinander zu verbinden etc.


Da ist es natürlich bequemer, wenn man mit dem Bus und organisiert durch die Gegend geschaukelt wird, aber nachdem wir entschieden hatten, uns am Montagnachmittag nach der Ankunft und einer kurzen Sichtung des Bahnhofgebäudes mit Aussichtspunkt über die Stadt und Blick auf den Kyototower gleich Richtung Fushimi-Inari-Schrein auf den Weg zu machen, war das Programm relativ klar. Es wird ja mittlerweile auch hier schon früh dunkel und so war der Schrein mit seinen unzähligen roten Torii das einzige Highlight, was wir am Montag noch schafften, zu besuchen. Wir hielten uns aber auch ein paar Stunden dort auf, überwältigt von den Menschenmassen, die unterwegs waren, in den langen Gängen Fotos und Selfies zu machen. Das Licht dort war in den Nachmittagsstunden unglaublich stimmungsvoll und wir ließen uns ebenfalls anstecken, ein ums andere Mal stehen zu bleiben und noch ein Bild zu machen. Und noch eins und noch eins, weil man in der Begeisterung dann doch unterschätzt, wie lang es dauert, bis man oben auf dem Hügel ankommt. Insgesamt erstrecken sich wohl an die 4 km Gänge auf dem Gelände und wenn wir schon mal da waren, wollten wir auch einmal komplett durchlaufen und nicht wie die vielen in Kimonos und Yukatas gekleidete Gestalten nach den ersten paar hundert Metern und ausreichender Fotoausbeute umzukehren - allerdings hatten wir auch die besseren Schuhe an, in den Sandalen die vielen Stufen zu erklimmen, wird nicht gerade bequem sein. 





Für Dienstag hatten wir uns für den Nordwesten entschieden und arbeiteten uns vom Kinkaku-ji (dem goldenen Pavillon) über Ryoan-ji mit seinem Steingarten, über den alle rätseln, zum Ninna-ji vor. Letzterer hielt dann noch eine Überraschung für uns bereit. Denn auf seinem Gelände befindet sich ein großes Anwesen mit schönem Garten, einer großen Kiefer, deren Äste teilweise über den Boden gezogen sind, und Räumlichkeiten aus der Edozeit, mit denen wir garnicht gerechnet hatten, so dass wir hier auch mehr Zeit verbrachten, als zu Beginn gedacht. Alles in allem waren wir erstaunt, dass wir unser Programm scheinbar recht locker absolvierten und wollten nachmittags noch nach Arashiyama, um den Bambushain zu sehen. Da hatten wir allerdings ein wenig unterschätzt, dass der Hain recht nah an den Hügeln liegt und als wir dort ankamen (nachdem wir leider nur auf schnellstem Wege und mit Eintritt durch den auch sehr sehenswerten Zengarten des Tenryu-ji geflitzt waren, ohne wirklich etwas zu sehen, nur um durch dessen Nordtor direkt den Bambushain zu betreten) war es schon fast zu dunkel. Aber Stimmung und Licht waren trotzdem auch hier beeindruckend. Wir hatten im Vorfeld gedacht, es bliebe auch noch Zeit für die Villa Okochi Sanso, aber die Zeit war dann doch zu knapp und wir hatten für den Tag dann eigentlich auch genug gesehen. 










Mittwoch stand Higashiyama auf dem Plan. Auch hier folgte ein Highlight dem nächsten. Wir hatten uns aber tatsächlich entschieden, uns auch wirklich auf die berühmten Anlagen zu beschränken und uns nicht durch die hunderten, anderen ablenken zu lassen, das wäre wirklich nicht machbar. Außer man hetzt von einem zum nächsten. Aber ein wenig Ruhe dabei muss schon sein, die Aufnahmefähigkeit ist eh irgendwann am Ende und ein wenig etwas von der Stadt sehen, in der man sich bewegt, möchte ich ja nebenher auch noch. Der erste Weg führte uns zum Sanjusangen-do, der großen Holzhalle mit den 1001 Kannonstatuen. Wirklich sehr beeindruckend, das Fotografieren der heiligen Statuen war innerhalb des Gebäudes allerdings strengstens verboten. Von dort weiter zum Kiyomizu-dera mit der in den Hang gebauten großen Holzveranda. In der Ninen-zaka und Sannen-zaka verbrachten wir ebenfalls ein wenig Zeit, es gab aber auch viel zu gucken. Die hübschen alten Holzhäuser, so wie man sich Kyoto vorstellt, kleine Geschäfte, Süßwarenläden, ein Geschäft, das Produkte aus Pflaumen und eines, das Süßwaren aus Bohnen verkauft. Außerdem sichteten wir ein paar vermeintliche Maikos, über deren "Echtheit" wir uns allerdings wunderten, wirkten sie doch auf uns teilweise auch eher wie Touristinnen, zumal einige auch mit Kameras bewaffnet unterwegs waren. Dass es sich bei diesen um Touristen handelt, die sich verkleiden (lassen), wurde uns auch in dem Teehaus in der Nachbarschaft der Yasaka Pagode bestätigt, in dem wir uns zur Teilnahme an einer Teezeremonie angemeldet hatten. "Echte" Maikos und Geishas bekommt man eventuell mit ganz viel Glück und Zufall abends in Gion zu Gesicht, aber generell ist das wohl eher unwahrscheinlich. Die Teezeremonie erklärt zu bekommen, war jedenfalls sehr interessant und aufschlussreich, weil wir nun wissen und auch selbst ausprobieren konnten, wie man den Teebesen korrekt handhabt. Jetzt kann ich auch Matchaschaum produzieren, was mir früher bei meinen Versuchen zu Hause noch nie geglückt ist. Scheinbar tatsächlich, weil man mit dem Besen nicht im Kreis quirlt, sondern diesen nur sehr schnell in der Schale hin und her bewegt - das muss einem halt mal jemand sagen. Und dann war es bereits wieder dunkel, noch ein kurzer Zwischenstop beim Yasaka-jinja und schon war der zweite Tag vorüber. Ins nördliche Higashiyama haben wir es garnicht mehr geschafft.









Donnerstags fuhren wir nach Nara und Freitagmorgen, vor unserer Weiterfahrt zum Kawaguchi-ko, statteten wir der Burg Nijo-ji in der Nähe unserer Unterkunft einen Besuch ab. Auch hier war ich erneut verwundert über die inneren Dimensionen des Palastes, weil man die Größe der umbauten Fläche, wenn man vor dem Tor steht, nicht abschätzen kann, da soviele Gebäude über Eck und aneinander angebaut von vorne garnicht ersichtlich sind. Hier hieß es auch wieder "Schuhe aus", um die Nachtigallenböden betreten zu dürfen, die tatsächlich zwitschernde Geräusche von sich geben, die klar anders klingen, als knarrende Bodendielen. Draußen waren Schulklassen zu beobachten, die unter den Böden mit eingezogenen Köpfen scheinbar die Bau- oder Funktionsweise erklärt bekamen. Innen waren Wände und Decken schön bemalt, teilweise saßen Puppen in den Räumen, um deren ursprüngliche Funktion z.B. als Audienzhalle zu illustrieren. Doch auch hier wieder Fotoverbot. Und das war es dann auch schon in Kyoto. Toll. Ich hätte gerne mehr gesehen und wir wären auch gerne noch länger geblieben, doch selbst ein Tag mehr hätte uns nicht wirklich weiter geholfen. Aber der Fuji rief und mit ihm die Hoffnung auf noch mehr errötete Bäume, denn mit der Herbstlaubfärbung war es in Kyoto Ende Oktober leider noch nicht so weit her, wie wir uns gewünscht hätten. Dazu war es immer noch zu warm, wobei es abends doch deutlich kühler wurde, als in Tokyo. Merkwürdig eigentlich. Also wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann im Leben noch einmal die Möglichkeit für einen zweiten Besuch, dann kann ich da weitermachen, wo wir aufgehört haben. 
Eins gibt es allerdings zu bemängeln, es gab keine schönen, außergewöhnlichen Kanal- oder Mannlochdeckel oder sonstigen Bodenplatten zu entdecken in dieser Stadt. Seltsam eigentlich. Aber die Sammlung wächst natürlich trotzdem weiter.
Wem die Bilder hier im Post noch nicht ausreichen, es gibt wie üblich, natürlich noch mehr und zwar hier.




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