Juli 21, 2015

Kita-Kamakura

Am letzten Wochenende, das für mich aufgrund eines Feiertages ein verlängertes war, habe ich meinen ersten Tagesausflug ausserhalb von Tokio unternommen. Die Wahl fiel dafür auf Kamakura, einen Ort etwa 50 km südwestlich von Tokio (von wo auch immer das gerechnet wird), noch über Yokohama hinaus (kennt Ihr übrigens das japanische Lied von Ende der 60er "Blue light Yokohama"? - das hat für mich irgendwie einen typisch japanischen Klang, worauf auch immer dieser Eindruck begründet ist), die vor ein paar hundert Jahren einmal Hauptstadt Japans war.


Ich dachte, das sei als erster eigenständiger Versuch einfach zu managen, ohne große Vorbereitungen, wie Ticketkauf für Shinkansen oder ähnliches, einfach in einen Zug der JR East eingestiegen und hingefahren. Im Prinzip war es auch so, aber alles in allem brauchte ich für die Anreise doch etwa eindreiviertel Stunden (der Heimweg abends ging dann etwas schneller), mit Umstiegen in Shinagawa (wo ich irgendwie nicht das Gleis mit der Yokosuka Line fand, weil ich mich vom Rapid Service der Sobu Line hatte abschrecken lassen, aufgrund von Unsicherheit, ob ich diese überhaupt mit meiner popeligen Suica hätte nutzen dürfen, wahrscheinlich nicht - die Regeln des Zugfahrens und Ticketkaufs hier muss ich mir auch erst noch erwerben). Ich landete dann zunächst in der Tokaido Line, die allerdings auch nicht die schlechteste Wahl war, da sie an kleineren Bahnhöfen einfach durchfuhr, und musste noch einmal in Ofuna umsteigen. Allerdings habe ich so auch erfahren, dass diese Züge, anders als die mehr "innerstädtischen", die ich mal mit S-Bahnen verglichen habe, doch auch bereits andere Wagons besitzen, in die man nur mit Platzreservierung darf. Glücklicherweise hatte ich noch bevor der Zug einfuhr, die Beschriftungen auf dem Bahnsteig und an den Säulen etwas genauer studiert (innerhalb Tokios ist das ja teilweise noch in englisch ausgezeichnet - hurra), und mich dorthin begeben, wo ich mit meiner Suica einsteigen konnte. Und es war ganz schön voll. Für Sonntagfrüh um 8 Uhr eigentlich kein Unterschied zu unter der Woche. Viele sahen auch aus, als würden sie zu Wandertouren aufbrechen, in entsprechender Kleidung, mit Rucksäcken und Stöcken bewaffnet. Entsprechend keine Chance auf einen Sitzplatz, was ich morgens noch recht gelassen sah, schön ausgeruht wie ich war, in Vorfreude auf den Tag.
Ich hatte beschlossen, in Kita-Kamakura auszusteigen und dort mit ein, zwei, drei Tempelanlagen die Besichtigungstour zu starten, um danach wieder in einen Zug einzusteigen und die eine Haltestelle nach Kamakura weiter zu fahren. Soweit so gut. Es war in Kita-Kamakura auch noch relativ leer, als ich dort ankam, aber da sollte ich im weiteren Verlauf des Tages auch noch anderes erleben. Als ich gegen schätzungsweise 11 Uhr die erste Anlage wieder verliess, stand an der Eintrittskasse eine lange Schlange.


An sich verschätzt man sich bei solchen Tagen ja immer mal wieder gerne, wieviel man denn vielleicht schafft, zu besichtigen und immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, wer weiß, ob ich noch ein zweites Mal zurück komme, soviele andere Orte, die es noch gibt. Nach der dritten Anlage dachte ich mal kurz, eigentlich reicht es mir mit Tempeln jetzt, aber ich wollte doch auch noch nach Kamakura und den Daibutsu, den großen Buddha, sehen. Ich fühlte mich so ein bißchen an den Tag in Sintra vergangenes Jahr im Portugalurlaub erinnert, da wollten wir auch soviel wie möglich mitnehmen und jede Anlage hat ja dann doch auch wieder ihre Besonderheiten.
Zunächst also der Engaku-ji Tempel, den ich, da er der erste war, schon recht beeindruckend fand in seiner Anlage und Größe, aber am Ende des Tages hatte ich dann doch andere Favoriten, auch wenn ein Teil seiner original erhaltenen Gebäude zu den ältesten Zentauren in Japan gehören.


Allein schon die Eingangstore, die "nur" Tore und ja keine "Gebäude" an sich sind... Es fand auch gerade eine größere Veranstaltung statt, viele Leute saßen im und vor dem "Hojo" und lauschten einem Vortragenden, um was es da auch immer ging, eine Schulung in Zen Mediation oder ähnliches. 
Kamakuras größte Glocke hängt hier auf einem kleinen Berg, man muss also ein paar Stufen hinauf. 
Und auf dem Friedhof, der scheinbar auch in (fast?) jedem Tempelgelände existiert (ob dort nur die Mönche oder auch andere Menschen bestattet werden?) gab es bergeweise Schnittabfall von Hortensien.





Da sind wir wieder beim Thema. Die nächste kleine Tempelanlage war dann klar ersichtlich diejenige, deren Werbeplakat von der Treppe mit den Hortensienblüten links und rechts ich in Tokio fotografiert hatte, Meigetsuin.
Ebenfalls ein Zen Tempel, der aber scheinbar irgendeinen Bezug zu Hasen hat, Hasen gab es dort jedenfalls zuhauf (auch im Verkauf auf Schirmen und Taschen und allen möglichen anderen Artikeln), auch auf dem Informationsfaltblatt, das allerdings leider nicht in englisch zur Verfügung stand. Hasen, Hortensien (größtenteils verblüht, einzelne Blüten waren noch zu Dekorationszwecken allerorten verteilt), ein schöner Bambushain - diese Licht da drin - (eigentlich hatte ich in Kamakura aus genau dem Grund noch zum Hokoku-ji Tempel gewollt), ein ebenfalls natürlich längst verblühter Iris-Garten und der hintere Garten, auf den sich der Blick durch ein rundes Fenster öffnet. Gegen ein kleines Entgelt, das für Unicef gespendet wird, konnte man den Raum und die darin ausgelegten Tatami - natürlich auf Socken be- und hinten hinaustreten, bei einem Becher Tee und einem Senbei den Garten in Stille betrachten. Dort war es gleich viel ruhiger als auf der anderen Seite des Gebäudes.
Die Fürbittstäfelchen hier zierten Hortensien, jeder Tempel scheint da ja auch sein eigenes Wiedererkennungssymbol zu haben.










Danach ging es weiter zum Kencho-ji, von der Dimension wohl die größte der Anlagen, wirklich beeindruckend, auch die Dachlandschaften, die man in der Regel auch von oben sehen kann, weil es immer irgendwo einen Berg oder Hügel zu erklimmen gilt. Auch die Butsuden, die die Buddhastatue beherbergt, war hier überaus prächtig. Offiziell ist es wohl nicht gestattet, innen zu fotographieren, um die Betenden nicht zu stören bzw aus Respekt (so habe ich die Hinweisschilder zumindestens interpretiert, die nicht immer auf englisch zur Verfügung standen), wirklich schade.









Dafür konnte man aber auf Strümpfen die Meditationshalle betreten und auch hier wieder in den hinteren Garten blicken, es gab den ersten Lotus diesen Japanaufenthalts, sogar einen blassgelben, und bevor ich das Gelände betrat, wurde ich Zeuge eines der Matsuri, bei dem Trageschreine von vielen Männern gestemmt werde, um sie durch den Ort zu tragen und auch die Kleinsten von allen waren schon begeistert dabei. Die müssen auch wirklich unglaublich schwer sein, soviele Männer, die unter Ächzen und gemeinsamem Kommando den Schrein hoch wuchteten. Kurzzeitig dachte ich, er kippt um, es sah jedenfalls kurzzeitig nach einer sehr wackeligen Angelegenheit aus.




Ach ja und ein paar Kanaldeckel, manhole cover oder ähnliches habe ich natürlich auch fotografiert. Die zählen ja hier in Japan zu meinen Favoriten, in jeder Stadt, Landkreis, Verwaltungsbezirk, wie auch immer das sortiert ist, gibt es andere zu betrachten, da läßt man den Blick auch gern mal über den Boden schweifen. Nach den vielen Kirschblüten in Tokio, die ich schon unzählige Male fotografiert habe (hier, hier und hier, hier und da), gab es in Kita-Kamakura Lilien, wahlweise "Natur" mit gelben Stempeln oder auch mal türkis.


Dann ging es schon schwer auf den Nachmittag zu und ich fuhr weiter nach Kamakura, um dort in die Bimmelbahn nach Hase umzusteigen. Das ging dann auch nicht so schnell wie ich mir das vorgestellt hatte, denn am Umsteigegleis erwartete mich das hier...


Und da es nun schon wieder viel später geworden ist, als erwartet, muss ich für heute abbrechen und den Beitrag in zwei Teile spalten, der wird sonst eh zulange.
Bis morgen!

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